Nachruf Willi Lemke

Nachruf zu Werder Kultmanager Willi Lemke (77)

Niemals geht man so ganz!

Mit dem Lied Niemals geht man so ganz des Kölner Kulttrios Trude Herr, Tommy Engel und BAP Frontmann Wolfgang Niedecken lässt sich Willi Lemke und die aktuelle Gefühlslage am besten beschreiben. Denn selbst nach seiner aktiven Karriere beim SV Werder war Willi stets in einer Art und Weise präsent. Somit wird er auch nach seinem überraschenden Tode immer ein Teil der grünweißen Familie bleiben oder vielmehr sein.

Kultmanager Willi Lemke privat:

Der Tod von Willi kam, für alle die ihn kannten, deshalb so überraschend da der ehemalige Bremer Senator für Bildung für sein Alter einen sehr fitten Eindruck machte. Denn seine große Leidenschaft war, das Laufen so zog er sich noch am Samstag seine Laufklamotten und die geliebte Werderkappe an und ging 8 km im Bürgerpark seiner Leidenschaft nach. Schon in der Schulzeit gewann der junge Wilfried die Deutsche Schülermeisterschaft in der 4 x 100 Meter Staffel. Aufgrund einer Hirnblutung verstarb Lemke am 12. 08.2024 1 Woche vor seinen Geburtstag mit 77.

Willi im Lauf Qutfit Quelle unbekannt

Stammten die Eltern noch aus Stettin musste die Mutter mit ihren beiden Söhnen Wilfried und Dietrich nach Neubrandenburg und anschließend weiter nach Pönitz (Schleswig Holstein) flüchten wo Willi auch am 19. August 1946 zur Welt kam. Auf gewachsen ist er allerdings die meiste Zeit in der Hansestadt Hamburg. Nach dem bestandenen Abitur begann Willi an der Universität Hamburg ein Lehramtsstudium der Erziehungs- und Sportwissenschaft welches er mit dem 1. Staatsexamen auch bestand. Danach zog es ihn nach Bremen, wo er an der dortigen Universität von 1971 – 1974 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Zeitgleich mit dem Umzug nach Bremen trat er auch in die SPD ein und engagierte sich beim AStA (Allgemeiner Studentenausschuss) und den Jusos (Jungsozialisten). Im Jahr 1974 übernahm er die Leitung des SPD-Landesverbandes Bremen, bis er 1981 als Manager zu Werder Bremen an den Osterdeich wechselte. Lemke selbst war 2-mal verheiratet und hatte aus diesen beiden Ehen mit Eva-Maria und Heide insgesamt 4 Kinder (Christoph, Tim, Lars und Nele) hervorgebracht. Seine 4 Kinder schenkten ihn 5 Enkel.

Willi Lemke bei Werder Bremen:

Quelle: Foto: IMAGO Sportfotodienst/IMAGO Sportfotodienst/SID/imago sportfotodienst

Eigentlich kam der damalige Landesgeschäftsführer der Bremer SPD durch eine lustige Geschichte zu seinem Posten als Manager und wurde somit auch Nachfolger von Rudi Assauer. Willi wurde von der damaligen Geschäftsführung bestehend aus Dr. Franz Böhmert, Klaus-Dieter Fischer und Karl-Heinz Hohnhorst zu einer Reise zum Intertoto-Cup-Spiel nach Malmö (11.07.1981) eingeladen. Bei der Skatrunde auf der Fähre sagte auf einmal jemand in Runde, warum wirst du nicht Manager von Werder Willi! Dieses faste Lemke zunächst als Scherz auf. Aus dieser Idee entwarf er ein Konzept, das er erst mal vor einen kleinen Kreis vorstellte. Fischer und Böhmert waren so begeistert von diesem Konzept, das sie vorschlugen, Will sollte dieses Konzept noch einmal vor dem Sponsorenkreis präsentieren. Was er natürlich gemacht hat, dort gab es dann die einheitliche Meinung, wenn jemand so ein tolles Konzept hat, sollte man diesen Mann auch einstellen! So kam es, dass Willi Lemke am 11.11.1981 zum Werder Manager ernannt wurde.

Somit hatte man nach 70 Kandidaten einen neuen Mann gefunden. Seinen ersten öffentlichen Auftritt in dieser Position hatte er bereits drei Tage später. Was man zu dieser Zeit noch nicht ahnte, dass aus dem Duo Willi Lemke (Manager) und Otto Rehhagel (Trainer) eines der erfolgreichsten Gespanne der Bundesliga Geschichte wird.

Foto: IMAGO Das Erfolgsduo

In den nachfolgenden 18 Jahren/Saisons in dieser Position bei Werder folgte der Aufstieg von Willi Lemke, nicht nur zu einer Werder Legende, sondern wie sein tragischer Tod beweist, auch zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten im deutschen Fußball. Der gebürtige Schleswig-Holsteiner machte hierbei allerdings nicht nur durch seine gewonnenen Titel auf sich aufmerksam (3 x DFB-Pokal, 2x Deutscher Meister, 1x Europapokalsieger und 3x Super Cup), sondern auch dadurch, dass er sich als gerissener kühler Stratege mit viel Herz in das Bewusstsein der Fußballfans in Deutschland arbeitet.

Willi Lemks größter Triumph: 1992 gewann Werder Bremen mit ihm als Manager und Otto Rehhagel als Trainer den Europapokal der Pokalsieger. © picture alliance / dpa

Neben diesen Punkten war Willi auch immer offen für Neues und ging ein kalkuliertes Risiko ein. So verkaufte er als erster 1 Spiel an einen Sponsor und an Sat 1. Grund hierfür war, dass die öffentlich-rechtlichen ihm gegen zu arrogant rüberkamen. Willi hatte gute Marketing-Idee und manchmal auch nicht so gute. So verkaufte er ein Europapokal Partie an den Vogelfutterhersteller Trill und verteilte vor dem Spiel Trillerpfeifen der Lärm durch die Pfeifen während des Spiels war so ohrenbetäubend, dass der Schiedsrichter kurz davor war die Begegnung abzubrechen. Auch schaffte er es, dass ein Heimspiel gegen die graue Maus Waldhof Mannheim plötzlich ausverkauft, war in dem er es an einen Autohersteller (Citroën) verkaufte. Als „PR-Gag“ organisierte Willi ein „Lila Spiel“ für den damaligen Sponsor Milka (17.02.1990).

Auch war das Weserstadion in der Lemke-Zeit das erste Stadion gewesen, in dem es Logen gab und in dem Einlaufkinder gemeinsam mit den Spielern ins Stadion einliefen. Die Idee mit den Einlaufkindern hatte der Werder Manager aus Brasilien importiert. Auch die heute noch so bekannte Tormusik (Schiffssirene) geht auf ihn zurück.

Sehr bekannt ist auch die langjährige sportliche Fehde mit dem FC Bayern München und Uli Hoeneß. Der Liga-Anführer FC Bayern bekam unter dem Gespann Lemke / Rehhagel in schöner Regelmäßigkeit sportliche seine Grenzen aufgezeigt – auch das wirkte sich auf die Sympathien von Werder (mit Willi) in Fußball Deutschland sehr positiv aus.

Willi Lemke als Werderfigur bei Haake Beck Quelle: Unbekannt

Sprüche von Willi Lemke:

  • „Manche Vereine sparen und drehen die Mark zweimal um. Bei Werder wird sogar jeder Pfennig geröntgt.“
  • „Und Du siehst so aus, als seist Du schuld dran!“ (Antwort auf Reiner Calmund: „Mann Willi, Du siehst ja echt aus, als sei ´ne Hungersnot ausgebrochen!“)
  • „Die Leute im Stadion wollten raus aus dem Dreck. Weg vom Tabellenende.“
  • „Das beste Trainingslager ist eine Frau. Die eigene natürlich.“
  • „Kein Fußballfan kann doch ernsthaft daran Interesse haben, dass die Meisterschaft die nächsten 20, 30 Jahre so abläuft wie jetzt.“
  • „Wir dürfen die 50+1-Regel nicht kippen, weil ich nicht möchte, dass wir fremdbestimmt sind. Ich finde diesen Weg falsch.“
  • „Diese Polarisierung in Liebe und Hass, Herr Hoeneß, das war Ihre genialste Werbeidee.“
  • „Entweder, er war betrunken, oder er will das Feuer gegen uns noch weiter entfachen!“ (Lemke nach Bayerns Meisterschaft 1986 und Hoeneß´ Vorwurf, er sei ein „Volksverhetzer“, durch den er „hassen“ gelernt habe.)
  • „Hoeneß lässt alle spüren, dass sie seiner Meinung nach nur Schuljungen sind. Der einzige Klub, der erfolgreich arbeitet, ist der FC Bayern, davon ist er unbeirrbar überzeugt. Eine Arroganz, die nicht zu überbieten ist!“
  • „Den Transfer von Mario Basler haben wir in einem Vier-Augen-Gespräch abgewickelt. Da war das Eis gebrochen.“
  • „Ich kann mir grundsätzlich nicht vorstellen, Hoeneß in meinen Freundeskreis aufzunehmen.“
  • „Ich heiße den Mann, zu dem ich nach wie vor ein miserables Verhältnis habe, herzlich Willkommen im Club der alten Säcke.“ (Lemke zu Uli Hoeneß´ 60. Geburtstag)
  • „Ich wünsche Uli Hoeneß alles Gute zum Geburtstag! Er soll so bleiben, wie er ist – aber da mach ich mir ehrlich gesagt auch gar keine Sorgen.“
  • „Ja, ich würde Uli Hoeneß die Hand reichen. Wir sind beide nicht mehr 25, da sind die Jahre gezählt.“ (Lemkes Friedensangebot 2015)

Willi Lemke Partei und öffentliche Ämter

Als im September 2005 der amtierende Bürgermeister des Bundeslandes Bremen (Henning Scherf sein Rücktritt ankündigte, stellt sich Lemke einer Mitgliederbefragung der SPD-Basis für das Amt des Bürgermeisters. Die Basis wählte mit 1924 Stimmen Jens Böhrnsen zum neuen Bürgermeister, während Lemke 721 Stimmen erhielt.

Nach der Bürgerschaftswahl 1999 wurde Lemke am 7. Juli desselben Jahres als Senator für Bildung und Wissenschaft in den Senat der Freien Hansestadt Bremen unter der Leitung von Scherf gewählt.

Während seiner Zeit als Senator für Bildung und Wissenschaft löste er 2003 aufgrund seiner geforderten Anstandsregeln (Schuluniformen) eine hitzige Diskussion in den Medien aus. Aufgrund des Rücktrittes von Karin Röpke, die wegen des Falles Kevin zurückgetreten war, übernahm Willi übergangsweise auch den Posten des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales. Nach der Wahl 2007 wurde Lemke am 29. Juni 2007 in der neuen rot-grünen Koalition Senator für Inneres und Sport. Aufgrund seiner Vorerfahrung und seinen Bekanntheitsgrad wurde der ehemalige Werder Manager von der Bundesregierung Ende 2007 als UN-Sonderberater für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung vorgeschlagen. Die Ernennung diesbezüglich erfolgte dann am 18.03.2008 nach der Bestätigung der Finanzierung durch den Haushaltsauschuss des Bundestages durch den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Am 06.04.2008 trat Willi Lemke als Innensenator zurück und wurde Nachfolger von Adolf Ogi. Dieses Amt hatte er bis ins Jahr 2016 inne, bis er zurücktrat. Ab September 2010 war Lemke Honorarprofessor an der Universität Western Cape (UWC) in Südafrika zusätzlich war er noch Kuratoriumsmitglied der Egidius-Braun-Stiftung.

Willi Lemke der Politiker

Auszeichnungen von Willi Lemke:

  • Am 14.03.2016 zeichnete der DFB den UN-Sonderberater für Sport für seinen langjährigen Einsatz mit dem DFB- und Mercedes Benz Integrationspreises aus.
  • Lemke erhielt 2014 vom Deutschen Behindertensportverband den Ehrenpreis für sein Engagement im Behindertensport.
  • Für seinen Einsatz als UN-Sportbotschafter wurde er mit dem Berliner-Friedensuhr-Preis 2011 ausgezeichnet.
  • Die Bundesvereinigung Lebenshilfe würdigte sein Engagement zugunsten behinderter Sportler mit dem Bobby Medienpreis 2010.

Einige Reaktionen zu seinem plötzlichen Tod:

  • Uli Hoeneß (Ehrenpräsident FC Bayern): „Die Nachricht hat mich traurig gemacht. Willi Lemke war ein Mann der Kontroverse: Jeder weiß, dass wir oft diskutiert und gestritten haben. Aber er war auch ein Mann des Dialogs, und letztlich haben wir zu einem guten Verhältnis gefunden.“ So habe Lemke „die Bundesliga und den deutschen Fußball sehr bereichert. Mein aufrichtiges Beileid an seine Angehörigen und Freunde sowie an Werder Bremen – den Verein, der ohne Willi Lemke nicht der wäre, der er heute ist.“
  • Dr. Hubertus Hess-Grunewald (Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des SV Werder Bremen): „Willi Lemke gehört zu den größten Werderanern aller Zeiten. Die Nachricht von seinem plötzlichen Tod hat uns schockiert und macht uns tieftraurig. Willi bleibt uns als innovative, kämpferische, leidenschaftliche, ehrgeizige und streitbare Persönlichkeit in Erinnerung. Dabei war er stets menschlich und immer auch versöhnlich. Nur wenige Menschen werden so sehr mit Werder in Verbindung gebracht wie Willi Lemke. Sein Wirken – auch über unseren Verein und Bremen hinaus – war außergewöhnlich und vorbildlich. Er war ein Weltbürger, der immer auch Hanseat geblieben ist. Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei seiner Familie.“
  • Bernd Neuendorf (DFB-Präsident): „Die Nachricht vom Tod Willi Lemkes macht mich sehr traurig. Er war nicht nur eine prägende Persönlichkeit, die in verschiedenen Rollen und Funktionen im Fußball tiefe Spuren hinterlassen hat. Willi Lemke war auch ein leidenschaftlicher Botschafter für die universellen Werte des Fußballs. Für diese Werte hat er sich weit über die Grenzen unseres Landes und seines Herzensvereins Werder Bremen hinaus kraftvoll engagiert, unter anderem als Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport. Für den DFB gehörte er jahrelang dem Kuratorium der DFB-Stiftung Egidius Braun an. 2016 wurde er mit dem DFB-Integrationspreis ausgezeichnet. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, Angehörigen und Freunden.“
  • Hans-Joachim Watzke (DFL-Aufsichtsratsvorsitzender): „Willi Lemke war eine der prägenden Manager-Figuren der Bundesliga. In seiner Zeit beim SV Werder Bremen hat er gemeinsam mit seinen Kollegen großartige Erfolge gefeiert und sich um den Fußball verdient gemacht.“
  • Rudi Völler (DFB-Sportdirektor): „Die Nachricht von Willi Lemkes Tod macht mich tieftraurig. Willi hat mich gemeinsam mit Otto Rehhagel zu Werder Bremen geholt und auch auf meinem weiteren Weg unterstützt. Er hat mich sogar zu meiner Vorstellung in Rom begleitet. Bis zuletzt ist der Kontakt zwischen uns nicht abgebrochen. Noch zum Auftakt unserer Heim-EM hat Willi sich mit guten Wünschen bei mir gemeldet. Mit Willi Lemke geht nicht nur eine Werder-Legende, sondern eine großartige Persönlichkeit für den gesamten deutschen Sport. Es tröstet zu wissen, dass Willi in seinen letzten Stunden von seiner Familie begleitet wurde. Ich wünsche seiner Frau, seinen Kindern und allen Hinterbliebenen viel Kraft.“

Weitere Reaktionen könnt ihr auch, noch auf Sport 1 finde siehe Link: https://www.sport1.de/news/fussball/bundesliga/2024/08/die-grun-weisse-welt-steht-still-reaktionen-zum-tod-von-willi-lemke

Abschließende Worte:

Mit Willi verliert die Werder- und Fußballwelt eine charismatische Persönlichkeit. Wir sind stolz darauf ihn persönlich gekannt zu haben, er war ein Mensch mit einem riesengroßen Herzen der aber trotz seiner Prominenz sich nie von der Basis des Fußballfans bewegt hat. Zudem handelte er immer hanseatisch war dennoch offen für Erneuerungen und ging ein kalkuliertes Risiko gerne ein. Deshalb wäre es zu wünschen, dass die neue Werdergeschäftsführung sein Erbe im Sinne von Willi weiterführt.

Wir von Grünweiß Fanreport drücken der Familie, den Freunden und Verwandten von Willi Lemke unser tiefes Mitgefühl aus.

Thorsten Brunkhorst (Tuddi) und Florian Ermez (Flo)

Der frühere Werder-Manager Willi Lemke ist tot. Foto: Carmen Jaspersen

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Stefan

    Willi war nicht nur ein großer Werderaner. Auch international hat er sich, nach seiner Zeit als Bremer Senator für Bildung und Wissenschaft, als UN-Sportbeauftragter bei Ban Ki-moon in New York, riesige Verdienste erworben. Soziale Projekte, beispielsweise in Afrika, waren ihm Herzenssachen. Willi bleibt unvergessen.

  2. Moni

    Ihr Lieben!
    Dass habt ihr richtig schön gemacht.
    Willi würde sich sicherlich sehr darüber freuen.

    R.I.P Willi

  3. Michael Schatte

    Danke für diesen schönen Beitrag! Ja, der Willi hat mein Leben als Werder Fan bereichert. Schade, das man sich nie persönlich getroffen hat. Das ist ja meist die schönste Erinnerung – ein persönliches Foto oder Treffen mit jemand ganz besonderen zu erfahren. Ich hoffe, dort wo er jetzt ist, schaut er uns dennoch von oben zu. In Erinnerung bleibt er immer! Danke Willi! Und danke für diesen Beitrag. Grün Weiße Grüße aus Herne Michael .

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